Masaya: Wo die Erde glüht und Geschichte lebt

08.01.24:
Am Gepäckband des Flughafens in Nicaragua kam eine Security-Frau mit einem äußerst charmanten schwarz-braunen Hund auf uns zu, dessen weiße Schnauze ihm das Aussehen eines weisen alten Professors verlieh. Nicht weit von uns entfernt legte er sich nieder und sah uns mit einem Blick an, der irgendwo zwischen vorwurfsvoll und gelangweilt lag. Ich war völlig hingerissen von diesem kleinen vierbeinigen Sherlock Holmes, bis die Security plötzlich den Rucksack meiner Reisebegleitung sehen wollte.

Wir hatten noch eine Banane und eine Avocado aus El Salvador im Gepäck… und das war anscheinend ein schweres Verbrechen gegen die Obstgesetze. Dunkel erinnerte ich mich daran, dass ich irgendwo in einem Einreisedokument unterschrieben hatte, dass man kein frisches Gemüse oder Obst mitnehmen durfte… aber wer liest sich das schon durch? Auf demselben Dokument wirst du auch gefragt, ob du ein Terrorist bist oder solche Absichten hast – als ob jemand ehrlich „Ja“ ankreuzen würde! Einreisedokumente sind doch wie AGBs… die liest keiner.

Ich schlug der Security vor, die beiden verbotenen Früchte einfach in den Müll zu werfen, doch das war ebenfalls verboten. Stattdessen mussten wir uns in eine sehr lange Schlange einreihen, in der unser Gepäck nochmal durchsucht und die Objekte fachgerecht entsorgt werden würden. Ich sah, dass einige Menschen Geld bezahlen mussten, und so entschloss ich mich, wenigstens die Banane noch schnell zu essen und nur die leere Schale als „Müll“ im Gepäck zu behalten. Die Avocado würde hoffentlich nicht zu teuer sein.

Als die Security-Schlangen schon fast leer waren und kaum noch Menschen im Flughafen zu sehen waren, war endlich unser Rucksack dran. Wir hatten Glück und mussten nichts bezahlen. Der kleine Hund sah uns beim Verlassen des Flughafens nach, als wollte er sagen: „Bis zum nächsten Mal, meine Freunde. Und vergesst nicht, keine Avocados mehr mitzunehmen!“

Mit InDrive ging es vom Flughafen Managuas nach Masaya – viel günstiger als ein Taxi. Zwar gibt es auch Busse, aber wir konnten nicht herausfinden, wann und wo sie fahren. Die Stadt wurde 1839 gegründet und ist heute ein Zentrum für Kunsthandwerk und traditionelle Feste und bekannt dafür, dass man bis zur Hölle schauen kann.

Nach dem Einchecken ins Airbnb inkl. einem Zimmerwechsel, weil das Waschbecken im Badezimmer eine große Wasserlache auf dem Boden hinterließ, liefen wir durch Masaya bis zum Malecón. Die Gegend rund um den Malecón ist wunderschön, mit speziellen Wanderwegen und macht mit seiner üppigen Bepflanzung dem Spitznamen „Stadt der Blumen“ alle Ehre. Wir waren genau richtig, um den Sonnenuntergang mitzuerleben. Mit dem großen See, der die wenigen Wolken am Himmel spiegelte und dem Vulkan, der sich dunkel im Hintergrund erhob, war das eine atemberaubende Kulisse.

Mirador de Catarina + Laguna de Apoyo: Mystische Pfade und verborgene Schätze

09.01.24:
Um 10 Uhr bestiegen wir den Bus zum Mirador de Catarina, oder zumindest bis zur Bushaltestelle, von der man doch noch etwas laufen muss, um zum Aussichtspunkt zu gelangen. Von dort aus machten wir uns auf den Weg nach oben, obwohl ein TukTuk sicherlich die bequemere Wahl gewesen wäre. Aber wo bleibt da der Spaß?

Oben angekommen, genossen wir einen Mittagssnack und die atemberaubende Aussicht über den See. Der Mirador de Catarina bietet einen Blick, der selbst die kühnsten Träume übertrifft, mit der Laguna de Apoyo, einem der tiefsten Kraterseen Nicaraguas. Wir hatten Glück und eine klare Sicht. So konnten wir die Insel Ometepe erblicken, die wie ein schlafender Drache im Wasser liegt. Auf Ometepe war ich bei meiner ersten Nicaragua-Reise gewesen, weshalb sie diesmal nicht auf unserem Reisezettel stand.

Für den Abend war der Aufstieg zum Masaya-Vulkan geplant, doch bis dahin hatten wir noch Zeit, weshalb wir uns entschieden, die Wanderung hinunter zum See zu wagen, die wir über Google Maps entdeckt hatten.

Es wurden zwei der anstrengendsten Stunden meines Lebens, vorbei an mystischen Maya-Ruinen und über steinige Pfade, die so uneben waren, dass selbst eine Bergziege ins Stolpern geraten wäre. Der ganze Weg hatte jedoch u.a. wegen der Maya-Steine etwas Magisches an sich. Diese Steine sind Überreste der präkolumbianischen Maya-Kultur, die einst in dieser Region lebte. Die Steine sind oft mit mystischen Symbolen und Mustern verziert, die Geschichten und Legenden der Maya erzählen. Es wird vermutet, dass diese Steine einst Teil von Zeremonienstätten oder Wohngebäuden waren

Plötzlich kam uns eine Frau und ein Teenager entgegen, die mehrere Bananenstauden auf dem Kopf balancierten und den steilen Weg hinaufstiegen – und das in Flip Flops. In diesem Moment zweifelte ich an den Gesetzen der Physik – wie konnten sie das schaffen? Schon beim Abstieg dieses schwierigen Terrains hatte ich Probleme, und das in Wanderschuhen und ohne 40 kg auf dem Kopf!

Unten am See angekommen, war die Szenerie wie aus einer postapokalyptischen Utopie – menschenleer und still. Es gab keine Bushaltestellen oder TukTuks in Sicht. Als wir die Wanderung oben begonnen hatten, war unsere Hoffnung, dass wir mit einem TukTuk wieder hochfahren könnten. Doch Pustekuchen – nicht ein Motor war zu sehen oder zu hören. Während meine Reisebegleitung sich im kalten Wasser des Sees abkühlte, versuchte ich einen Plan zu schmieden, wie wir wieder hoch zum Mirador oder in die Stadt Masaya gelangen könnten. Wir liefen erstmal die menschen- und autoleere Straße in die Richtung weiter, in die die nächste Stadt bei Google Maps angezeigt wurde. Am Wegesrand gab es ab und zu Häuser hinter hohen Zäunen und Mauern von deren anderer Seite man manchmal Kinder lachen oder Menschen reden hörte. 

Nach etwa einer weiteren dreiviertel Stunde, in der wir von der Sonne gebacken wurden, kamen wir an einer Kreuzung an, wo gerade ein Auto an mir vorbei in die Richtung fuhr, in die wir auch mussten.
Es gab sogar so etwas wie einen Kiosk, bei dem ich nachfragte, ob hier Busse fuhren. Der Mann war jedoch sichtlich verwirrt. Busse gab es hier nicht. So hieß es also laufen… oder trampen! Als uns das nächste Auto entgegenkam, hielt ich es kurzerhand an und fragte den Fahrer, ob er uns mitnehmen kann. Der freundliche Fahrer ließ uns auf der Ladefläche seines Pick-ups mitfahren und nahm uns sogar bis nach Masaya mit. Ich war so froh und dankbar, denn ich war am Ende meiner Kräfte.  

Lava bei Nacht – Der Aufstieg zum Masaya Vulkan

Um 15:30 Uhr bestiegen wir einen Bus am Marktplatz, der uns in etwa 20 Minuten zum Eingang des Masaya Vulkans brachte. Dort angekommen, wurde uns von der Person am Eingang mitgeteilt, dass der Aufstieg zu Fuß strengstens verboten war. Zudem erfuhren wir erst hier, dass wir, wenn wir den Sonnenuntergang oben sehen wollten, erst nach 16:30 Uhr hochfahren konnten. Also begannen wir, die ankommenden Fahrzeuge zu inspizieren, in der Hoffnung, eine Mitfahrgelegenheit zu ergattern und nicht zufällig einem Mörder in die Hände zu fallen.

Unser erster Versuch führte uns zu einer Gruppe Christen aus den USA in einem Minivan, die auf ihrer heiligen Mission „Gottes Wort“ in Nicaragua verbreiten wollten. Sie fuhren jedoch bereits vor 16:30 Uhr hoch und hatten nicht vor, bis zum Sonnenuntergang zu bleiben. Sie sprachen z. B. von der Reinigung der Seelen durch Feuer und der Notwendigkeit, sich noch auf Erden darauf vorzubereiten. Ihre Augen funkelten dabei Unheilvoll und ich musste an den ein oder anderen Horrorfilm denken. Vielleicht tat ich diesen Missionaren auch Unrecht, aber mehrere Stunden konnte ich mir dieses Gerede nicht antun. Zudem muss man immer mit denen runterfahren, mit denen man hochfährt, und da wir unbedingt nach Sonnenuntergang oben sein wollten um die glühende Lava bei Nacht zu sehen, lehnten wir freundlich aber bestimmt ab.

Nach zwei weiteren erfolglosen Versuchen, hatten wir Glück und wir durften bei einem tschechischen Pärchen in ihrem Wohnwagen mitfahren, das mit seinen beiden Töchtern um die Welt reist. Innen sah man deutlich, dass hier zwei kleine Mädchen das Sagen hatten. Überall lag Spielzeug herum. Die Farben Rosa und Rot dominierten das Interieur, von den Vorhängen bis zu den Kissen, als hätte jemand eine riesige Erdbeere in die Luft gesprengt. Die zwei Mädchen, keines älter als fünf Jahre, versuchten mit uns in einem Kauderwelsch aus Tschechich, Französisch und Englisch zu sprechen.

Um kurz nach 16:30 Uhr ging es dann endlich los. Zuerst machten wir einen Halt im Museum, wo wir einige faszinierende Fakten über den Masaya Vulkan erfuhren. Der Santiago-Krater des Masaya Vulkan, auch bekannt als „La Boca del Infierno“ (Höllenschlund), ist einer der aktivsten Vulkane Nicaraguas und wurde von den indigenen Völkern als Wohnstatt der Götter verehrt.

Der Masaya Vulkan, auch bekannt als „La Boca del Infierno“ (Höllenschlund), ist einer der aktivsten Vulkane Nicaraguas und liegt etwa 20 Kilometer südöstlich von Managua. Dieser Vulkan ist ein wahres Naturwunder und ein Ort voller Mythen und Legenden. Die indigene Bevölkerung verehrte ihn als Wohnstatt der Götter, die in ihrer Wut den Vulkan ausbrechen ließen. Um diese Götter zu besänftigen, wurden oft Menschenopfer dargebracht, darunter Kinder und Jungfrauen (wie sollte es anders sein).

Der Masaya Vulkan ist Teil eines komplexen Systems aus zwei ineinander verschachtelten Calderas, die zahlreiche kleinere Krater und zwei größere Vulkane, Masaya und Nindiri, umfassen. Calderas sind oftmals viel größer als normale Vulkankrater und stehen nach gewaltigen Eurptionen, wenn Vulkane in sich zusammenfallen. Die größte Caldera beim Masaya Vulkan misst 11 x 6 Kilometer und hat bis zu 300 Meter hohe Wände. Sie entstand durch den Kollaps eines alten Vulkans.

Eine der bemerkenswertesten Eruptionen des Masaya Vulkans ereignete sich vor etwa 6.500 Jahren. Diese gewaltige Explosion hinterließ dicke Schichten aus Vulkanasche in der Umgebung. Seit der Kolonialisierung Lateinamerikas wurden zahlreiche kleinere Ausbrüche dokumentiert, die meist vom Nindiri-Krater ausgingen.

Der Santiago-Krater, einer der aktivsten Krater des Masaya Vulkans, ist bekannt für seine Lavaseen und häufigen Explosionen. Da man mit dem Auto bis zum Krater fahren kann, wird er auch gerne als „Drive-In“-Vulkan bezeichnet.

Im 16. Jahrhundert setzten die spanischen Konquistadoren ein Kreuz an den Rand des Kraters, um den Teufel abzuwehren. Dieses Kreuz, bekannt als La Cruz de Bobadilla, wurde zu Ehren des Kirchenvaters Francisco Bobadilla benannt. Während der Diktatur von Anastasio Somoza Debayle wurde der Vulkan angeblich genutzt, um politische Gegner zu entsorgen. Die nahegelegene Festung Coyotepe diente als Foltergefängnis, und es wird vermutet, dass Insassen mit Hubschraubern zum Vulkan geflogen und in den Krater geworfen wurden.

Heute ist der Masaya Vulkan ein beliebtes Touristenziel und ein Ort, der sowohl durch seine natürliche Schönheit als auch durch seine dunkle Geschichte fasziniert. Besucher können die beeindruckenden Krater besichtigen, die glühende Lava beobachten und die atemberaubende Aussicht genießen. Der Vulkan ist ein lebendiges Zeugnis der geologischen und kulturellen Geschichte Nicaraguas und ein Muss für jeden Abenteurer.

(Quellen: Vulkane.net; Volcanodiscovery)  

Weiter ging es zum Parkplatz vor dem Santiago-Krater mit der sichtbaren Lava. Da man diese jedoch am besten bei vollkommener Dunkelheit sieht, stiegen wir zunächst zu den anderen Kratern weiter, da der Weg bei Dunkelheit geschlossen wird. Mit vielen anderen Touristen sahen wir uns den Sonnenuntergang an. Es war, als ob die Sonne selbst beschlossen hätte, eine letzte, glühende Verbeugung vor dem Tag zu machen, bevor sie sich hinter den Horizont zurückzog.

Dann gingen wir zurück zum Santiago-Krater, in dem die glühende Lava ihren dunkelroten Schein an die dunklen Steinwände warf. Der Lavasee selber war zu der Zeit leider etwas tief, weshalb wir nur wenig davon erblicken konnten. Trotzdem war es ein beeindruckendes Schauspiel, als ob die Erde selbst ein geheimes Feuerwerk veranstaltete, und wir blieben lange. Zum Glück waren nicht viele Menschen da, sodass man immer eine gute Chance hatte, an den Abgrund zu kommen und einen Blick ins Innere des Kraters zu werfen.

Doch alles hat ein Ende. Gegen 18:30 Uhr fuhren wir gemeinsam mit der Familie wieder nach unten, da der Vulkan-Park schloss. Bis nach Masaya konnten sie uns aber nicht mitnehmen, da sie auf dem Parkplatz übernachten wollten. So mussten wir einen Bus erwischen, was um diese Uhrzeit gar nicht so einfach war. Erstens war es eine Schnellstraße, viele Busse waren bereits überfüllt und zudem fuhren alle Busse blitzschnell an uns vorbei, als wäre es nicht ihre Aufgabe Menschen auf der Straße einzusammeln. Wir konnten kaum erkennen, wohin die Busse fuhren, da das Ziel nur auf kleinen Schildern vorne in der Windschutzscheibe stand.

Eine alte Oma, die uns längere Zeit beobachtet hatte, wie wir erfolglos versuchten, Busse anzuhalten, nahm sich unser an. Sie wartete geduldig mit uns und hielt sogar den richtigen Bus für uns an. Danach ging sie wieder ihrer Wege, als wäre sie ein Schutzengel, der seine Mission erfüllt hatte.

Und so endete unser Abenteuer am Masaya Vulkan, doch die Reise ist noch lange nicht vorbei. Wenn du keine weiteren spannenden Geschichten und Erlebnisse verpassen möchtest, dann abonniere jetzt die Flaschenpost, bei der wir dich informieren, sobald ein neuer Beitrag online ist.

Sei gespannt, denn schon bald warten neue Abenteuer auf dich, die dich in ferne Länder und zu geheimnisvollen Orten führen werden.

Infos zum Mercado Viejo Craft Market:
Ein Besuch im Reich der Souvenirs

Der El Mercado Viejo Craft Market in Masaya ist ein hübscher Markt, der sich in einem Gebäude aus dem 19. Jahrhundert befindet. Hier findest du eine bunte Auswahl an Souvenirs, die in fast jeder Stadt in Nicaragua zu finden sind. Selbst am Flughafen haben wir ähnliche Andenken gesehen, was deren Einzigartigkeit etwas schmälert. Doch wer gerne Souvenirs einkauft und Zeit hat, der kann hier ruhig vorbeischauen – am besten direkt am Morgen, sobald der Markt seine Pforten öffnet.

Der Markt bietet eine Vielzahl von handgefertigten Produkten, von bunten Hängematten und kunstvollen Keramiken bis hin zu traditionellen Musikinstrumenten und farbenfrohen Textilien1. Besonders erwähnenswert sind die „Noche de Verbena“ (Nacht der Feierlichkeiten), die jeden Donnerstagabend stattfinden. Hier kannst du authentische folkloristische Tänze erleben und in die lebendige Kultur Nicaraguas eintauchen. Wir waren leider nicht an einem Donnerstag vor Ort, weshalb ich keine Bewertung dazu abgeben kann.

Die Preise können hier etwas höher sein als in anderen Märkten des Landes. Manchmal fühlt es sich an, als ob die Händler glauben, sie verkaufen goldene Ananas statt einfacher Souvenirs. Ein Besuch lohnt sich vielleicht nicht für jede*n, aber für Souvenirjäger*innen und Kulturinteressierte ist er definitiv einen Abstecher wert.

Zusätzlich zum Mercado Viejo, gibt es noch den Mercado Municipale (Hauptmarkt), der ähnlich viele Souvenirs und viele weitere Alltagsgegenstände bietet, da dieser eher der Markt der lokalen Bevölkerung ist. Aus Zeitmangel, haben wir diesen Markt jedoch nicht besuchen können.

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