Von Havanna nach Viñales

16.12.2018 // Die Fahrt von Havanna nach Viñales organisierte ich über die Webseite des Anbieters Viazul. Es war super einfach die Fahrkarte online zu kaufen und ich bekam auch sofort das Ticket als PDF geschickt. Mit einem Lada-Taxi ging es von meiner Casa Particular zum Bahnhof, wo ich mich in die Schlange für den Bus nach Viñales einreihte.

Die Kubaner*innen sind was Schlangen anbetrifft sehr diszipliniert, nehmen Regelverstöße wie Vordrängeln sehr ernst und werden zur Not auch physisch aktiv um denjenigen an „seinen“ Platz zu rangieren. Daher sollte man immer fragen, wo sich das Ende der Schlange befindet und sich entsprechend hinten anstellen. Andernfalls kann es auch mal eskalieren. Zum Glück hatte ich das bereits in Erfahrung gebracht und mir ist nicht dieser Fauxpas passiert.
Nachdem sich die Schlange zehn Minuten nicht von der Stelle bewegte, wurde der Check-In für Viñales erstmal geschlossen. Es gab irgendwelche Probleme mit dem Bus, die noch etwas dauern würden.

Eine halbe Stunde später durften wir uns wieder in der Schlange einreihen um am Counter für die Fahrt einzuchecken. Alle Passagiere vor mir gaben dem Mann am Counter einen ausgedruckten Zettel, den ich nur als PDF auf meinem Handy vorweisen konnte. Normalerweise sollte das kein Problem sein – e-Tickets sind weit verbreitet, doch ein mulmiges Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus.
Als ich schließlich an der Reihe war, bewahrheiteten sich meine Befürchtungen. Der Mann am Counter blickte von meinem Handy zu mir und meinte nur, dass er mich ohne ausgedruckten Zettel nicht mitnehmen könne.
„Warum? Sie sehen doch, dass ich das Ticket gekauft habe. Da steht mein Name mit meiner Passnummer und hier ist mein Pass. Warum brauchen Sie einen ausgedruckten Zettel?“
„Vorschrift“, antwortete er und wedelte mit seiner Hand, als wolle er eine lästige Fliege verscheuchen. Doch so einfach wird man mich nicht los.
„Ich habe das Ticket erst hier auf Kuba gebucht und mir steht kein Drucker zur Verfügung. Wie hätte ich das denn ausdrucken sollen?“
Als Antwort bekam ich nur ein Schulterzucken, dann quetschte sich die Frau hinter mir an den Schalter und überreichte ihm ihren ausgedruckten Zettel.

Ich wendete mich an die Frau, die am zweiten Counter saß und fragte, ob sie nicht irgendwas machen könnte. Doch auch sie meinte, dass es Vorschrift sei ein ausgedrucktes Ticket dabei zu haben. Denn das müsste abgegeben werden. Ich verlangte den Vorgesetzten zu sprechen, woraufhin mich beide mit großen Augen ansahen, ihn aber hinzuriefen.

In aufgelöster Stimmung erklärte ich dem Mann mein Dilemma und versprach für zukünftige Fahrten Besserung. Zunächst diskutierte er noch mit mir, doch als ich fragte, ob ich ihm mein Ticket per E-Mail schicken könne damit er es ausdruckt, zeigte er Gnade. Vielleicht hatte er auch einfach keine Lust mehr mit mir zu diskutieren und wusste, dass ich nicht eher ruhen würde, bis ich im Bus nach Viñales sitzen würde. Erleichtert und mit tausend Dankeschön, schickte ich ihm das Ticket. Es wurde ausgedruckt und ich durfte mich wieder hinten an der Schlange anstellen. Am Counter angelangt, nahm der Mann den Zettel entgegen, schrieb meinen Namen, die Passnummer und ein paar andere Daten auf einen anderen Zettel und meinte, dass ich diesen beim Busfahrer abgeben müsse. Dann nahm er das frisch ausgedruckte Ticket und warf es in einen Eimer auf dem Fußboden. In einem Roman würde nun stehen: Ihr Gesicht wurde aschfahl, als sie ein schlimmer Verdacht sie heimsuchte – aber natürlich hatte ich nur das Gefühl, dass mein Gesicht aschfahl wurde.

Ich blickte zurück zu dem Mann am Counter und fragte, was das für ein Eimer am Boden sei und was jetzt mit dem Ticket passieren würde.
„Das ist der Mülleimer“, antwortete er mir und winkte den nächsten in der Schlange zu sich heran.
Ich konnte nicht anders als auf mein ausgedrucktes Ticket zu starren. Über zwanzig Minuten hatte ich mit drei verschiedenen Personen diskutieren müssen, weil sie das Online-PDF nicht akzeptieren wollten. Nur, um die gleichen Daten auf einen anderen Zettel zu schreiben und das ausgedruckte Ticket wegzuschmeißen. Wo war denn da bitte die Logik? In dem Moment hätte ich gerne geschrien und gefragt, ob alle in diesem Land so verrückt seien. Stattdessen wünschte ich noch einen schönen Tag und ging zum Bus, wo ich dem Busfahrer mein per Hand geschriebenes Ticket aushändigte. Im Bus setzte ich mich in die vorletzte Reihe, da nur noch hier ein Platz frei war. Wegen der ganzen Ticket-Situation war ich mit die letzte, die in den Bus stieg und dann ging es auch schon los.

Die Überlandbusse in Kuba und vor allem die von Viazul sind absolut geeignet, um durch das Land zu reisen. Generell sind sie pünktlich, auch wenn das an diesem Tag nicht so war. Ist der Bus noch nicht komplett befüllt, werden Wartende aufgesammelt, die sich meist unter Brücken sammeln oder sonst irgendwo auf der Straße stehen und dem Bus mit einem Handzeichen vermitteln, dass sie mitfahren wollen.

Während der Fahrt konnte ich so viele Dinge bestaunen, dass ich gar nicht hätte selber fahren wollen, obwohl die Autobahn oder Schnellstraße, im Allgemeinen ziemlich leer waren. Denn Autos sind in Kuba teuer und erst seit wenigen Jahren ist der Kauf von Neuwagen für Privatpersonen zulässig. Seit dem Sieg der Revolution 1959 war der Neukauf und auch der Handel von Gebrauchtwagen ausschließlich dem Staat vorbehalten. Deshalb gibt es auch noch so viele Autos aus der Epoche vor der Revolution, denn bei diesen griffen die Restriktionen des Staates nicht. Aber auch jetzt kann sich kein normaler Kubaner ein Auto leisten, was drei- bis achtfach so teuer ist als bei uns in Europa.

Eines der kuriosesten Dinge die ich sah, war ein Roller auf dem zwei Männer saßen und einen großen Fernseher zwischen sich transportierten. Ansonsten war es schön, sich die wechselnde Landschaft anzuschauen, auch wenn es viel zu häufig richtig „Müllabladeplätze“ gab, in denen anscheinend alle möglichen Menschen ihren Müll abluden. 

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