Von Costa Rica nach Nicaragua
14.03.2020 // Mein Tag begann schon um 4 Uhr morgens, eine Zeit zu der ich normalerweise niemals aufstehen würde. Um von Monteverde nach Ometepe in Nicaragua zu fahren, blieb mir jedoch nichts anderes übrig – ich musste mehrmals umsteigen und eine Fähre erwischen. Der erste Bus von Monteverde nach Tilaran (1.300 CRC) sollte laut den Informationen des Hostelbetreibers um 5 Uhr morgens an der Ecke vom Hostel vorbeifahren. Am Vortag hatte er mir dabei geholfen die ganzen Busverbindungen zusammenzusuchen.
Nachdem ich meine ganzen Sachen wieder in den Rucksäcken verstaut hatte, stand ich voll beladen um 4:50 Uhr an der Ecke vom Hostel und wartete. Es war dunkel und kalt, niemand war unterwegs. Ab und zu bellte ein Hund. Selbst die Vögel schliefen noch. Eine unwirkliche Zeit.
Ich wartete und wartete, nach und nach erwachte die Welt um mich herum, doch kein Bus fuhr an mir vorbei. Um 5:30 Uhr begab ich mich wieder ins Hostel, nahm mir meinen Zimmerschlüssel den ich auf den Tresen gelegt hatte und legte mich für eine halbe Stunde wieder ins Bett.
Gegen 6 Uhr stand ich an der Rezeption, wo der Bruder des Hostelbesitzers stand. Ich erzählte ihm, dass an der von seinem Bruder genannten Ecke kein Bus aufgetaucht war, woraufhin er nicht mal überrascht war. „Nein“, antwortete er mir. „Die Busse nach Tilaran halten im Stadtkern.“ Er schaute im Fahrplan nach und teilte mir mit, dass der nächste Bus um 7:15 Uhr Monteverde verlassen würde.
Um kurz nach 7 Uhr stand ich an der hoffentlich richtigen Ecke im Ortskern. Tatsächlich kam der Bus und zwei Stunden später war ich in Tilaran. Nur noch drei Mal umsteigen und ich war an der Grenze Nicaraguas.
07:15-09:15 Uhr: Monteverde nach Tilaran (CRC 1300)
10-13:35 Uhr: Tilaran nach Cañas (CRC 600)
11-11:45 Uhr: Cañas nach Liberia (CRC 1.600)
12-14 Uhr: Liberia nach Peñas Blancas (CRC 1.775)
Einreise nach Nicaragua
In der Grenzstadt Peñas Blancas angekommen, musste ich zunächst zu einem kleinen Häuschen laufen. Ein Holzverschlag, an dem einige Grenzbeamte rumstanden und die Ausreisegebühr von 5.500 CRC kassierten. Ich bekam einen Ausreisestempel, eine Quittung und durfte weiter. Ziemlich unkompliziert dafür, dass ich bei der Einreise einen genauen Abreisetag angeben musste, der nicht an diesem Tag war (Lese nach, wie ich fast nicht nach Costa Rica hätte einreisen dürfen).
Danach lief ich die etwa 600 Meter bis zur Einreisekontrolle auf der Seite von Nicaragua. Die 10 Minuten bei etwas weniger als 40°C mit meinem ganzen Gepäck fühlten sich an wie eine Ewigkeit, doch im Gebäude war es etwas kühler und ich stellte mich an der Schlange zur Einreise an.
Der Frau an der Einreisestelle drückte ich einen 20 Dollarschein in die Hand und übergab ihr meinen Pass zum Abstempeln. Nach einem kurzen Blick in ihre Geldschatulle gab sie mir meinen Schein wieder und sagte, sie habe die 8$ Wechselgeld nicht. Ungläubig blickte ich vom Geld zu ihr. War das ihr Ernst?
„Haben Sie keine Möglichkeit, von irgendwo noch das Wechselgeld zu holen?“, fragte ich, doch sie schüttelte nur den Kopf.
„Fragen Sie bei der Wasserverkäuferin. Vielleicht kann die Ihnen das Geld kleiner rausgeben“, sagte sie noch und zeigte mit dem Finger auf eine Frau mit einem Bauchladen. Für die Beamtin war die Sache damit erledigt und sie winkte den nächsten aus der Reihe heran.
Ich glaubte zwar nicht, dass die Wasserfrau 20$ klein machen konnte, wenn es nicht mal die Grenzbeamtin machen konnte, doch sicher war ich eben erst, als sie den Kopf schüttelte. Und nein, auch wenn ich eine oder zwei Flaschen Wasser gekauft hätte, hätte sie kein Wechselgeld. In Nicaragua wird anscheinend immer passend bezahlt.
Langsam bekam ich ein ungutes Gefühl. Ich musste noch bis nach San Jorge kommen, dafür zwei Mal umsteigen und eine Fähre erwischen. Die Zeit wurde knapp, vor allem weil der richtige Bus von hier nur einmal die Stunde fuhr. Ich wischte mir die feuchten Hände an meiner Hose ab und ging noch einmal zu der Einreiseschlange.
„Kann einer von Ihnen 20$ klein machen?“, fragte ich die in Linie aufgereihten Menschen, doch alle schüttelten ihren Kopf.
Ich ging zum Schalter und erklärte der Beamtin meine Not mit der Weiterreise, doch sie wirkte unbeeindruckt. Sie musste doch mittlerweile von den anderen Einreisenden genug Wechselgeld haben.
„Was, wenn ich ihr anbiete, die 20$ zu behalten?“, schoss es mir durch den Kopf. Oder werde ich dann wegen Bestechung eines Beamten verhaftet? Aus Verzweiflung versuchte ich es trotzdem, sagte ihr vielleicht eine Spur zu laut und zu aufgebracht, dass ich auch kein Wechselgeld haben wolle. Sie zögerte, ich hoffte – doch zu früh, sie schüttelte den Kopf.
„Was soll ich jetzt machen? Ich muss doch die Fähre erwischen“, versuchte ich es noch einmal. Anscheinend hatte ich ihr Mitleid genügend erregt oder sie zur Genüge genervt. Sie zeigte mit dem Finger auf eine Gruppe Soldaten, die am Ende des Saales in einem Kasten zusammenstanden.
Ich dankte der Beamtin und ging zu den fünf Soldaten. Sie hatten schusssichere Westen an, drei trugen Maschinengewehre um die Schulter und die anderen beiden hatten Pistolen in ihren Hüfthaltern. Auch wenn ich keine Verbrecherin war, schlug mir das Herz bis zum Hals. Die großen Männer mit ihren Waffen forderten mir Respekt ein, auch wenn sie eher harmlos und scherzend zusammenstanden und sich irgendwelche Handyvideos anschauten.
„Entschuldigung“, unterbrach ich die Männer, deren Mienen ernst wurden. „Können Sie 20$ klein machen? Die Beamtin bei der Einreise hat kein Wechselgeld.“
Ohne ein Wort zu sagen, nickte einer der Männer und ich gab ihm den Schein. Er hielt ihn gegen das Licht, zog ihn ein paar Mal auseinander, rieb daran und gab ihn mir anschließend zurück. „Den Schein wechsle ich dir nicht.“
„Warum?“
„Ich mag den Schein einfach nicht. Hast du noch andere?“
Das konnte nicht wahr sein. Der Schein kam frisch aus einem Bankautomaten. Warum wollte er ihn nicht? Ich hatte noch andere 20$ Scheine, doch ich wollte auch nicht, dass sie sahen, wo ich mein Geld aufbewahrte. Ich drehte mich um, war dadurch von meinem Backpack etwas geschützt und holte einen weiteren 20$ Schein raus. Er sah genauso aus wie der andere. Meine Hände zitterten als ich dem Soldaten den Schein gab und er fiel mir aus der Hand. Der Soldat wurde rot im Gesicht. „Was glaubst du eigentlich wer du bist, dass du mir das Geld so hinschmeißt?“, schrie er und ich verabschiedete mich von dem Gedanken heute nach Nicaragua einreisen zu können.
Bevor er weiter schreien konnte, versuchte ich ihn zu beruhigen und erklärte, dass mir der Schein nur aus der Hand gerutscht sei. Dass ich ihn nicht beleidigen wollte und doch nur gekommen bin, um mir sein wunderschönes Land anzusehen. Ich hatte so viel gehört von den freundlichen Landsleuten und der tollen Natur, dass ich jetzt selber gerne das Land bereisen wollte.
Der Ärger wich aus dem Gesicht des Soldaten. Ein anderer Soldat lehnte sich hinüber und sagte meinem Gegenüber etwas, das ich nicht verstehen konnte. Doch anscheinend hatte ich das richtige gesagt. Mir wurden die 20$ gewechselt und ich konnte die 12$ für die Einreise bezahlen.
Von Peñas Blancas nach Ometepe
Es war kurz vor 15 Uhr als ich aus dem Einreisegebäude trat und Richtung Busstation hetzte, wo um 15 Uhr mein Bus nach Rivas abfahren würde. Meine Chancen, den Bus noch zu bekommen standen schlecht, doch der nächste würde erst eine Stunde später abfahren. Die letzte Fähre würde ich damit auf jeden Fall verpassen. Ich beschleunigte noch einmal meinen Schritt und sah einen Bus um die Ecke fahren, mit der Aufschrift „Rivas“. Oh nein – das war mein Bus. Es war ein alter gelber Schulbus aus den USA, alle Fenster standen offen. Schreiend und winkend versuchte ich auf mich aufmerksam zu machen. In Deutschland hätte das niemals funktioniert, doch in diesem Moment in diesem Land klappte es. Der Bus hielt, ein Mann öffnete die Tür ganz am Ende des Busses und so warteten sie, bis ich angekommen war. Schnaufend bedankte ich mich überschwänglich bei dem Mann, der mir dabei half meinen Backpack zu verstauen.
Im Bus selber saßen einige einheimische Männer, die mich musterten – manche belustigt, manche mit zusammengekniffenen Augen. Was die wohl über der verschwitzte Gringa dachten? Ich zahlte den Fahrpreis von 1$ und entspannte. Jetzt konnte nichts mehr schiefgehen – hoffentlich.
Eine halbe Stunde später war ich in Rivas, wo mir mitgeteilt wurde, dass der Bus nach San Jorge bereits abgefahren war. Wenn ich auf den nächsten warten würde, käme ich jedoch nicht rechtzeitig, um meine Fähre zu erwischen. Es waren nur knappe 6km von Rivas nach San Jorge, also nahm ich ein Taxi, welches mich für 2$ bis zum Hafen fuhr.
An einem Häuschen direkt am Eingang zum Hafen musste ich 1$ bezahlen. Ich lief mit meinem Ticket weiter Richtung Fähre und wurde auf halbem Wege von einer Frau angesprochen, die mir ein Ticket verkaufen wollte. Ich sagte ihr, dass ich meins vorne am Schalter gekauft hätte und lief schnell weiter. Zu Gut erinnerte ich mich noch an die Fake-Tickets für den Playa-Blanca-Strand in Kolumbien (Jetzt nachlesen, wie ich abgezockt wurde).
Doch die Frau ließ nicht locker, lief mir hinterher und sagte immer wieder, dass ich das Ticket bei ihr kaufen müsse. Aber ich hatte ja schon eins. Sie sprach einen der Sicherheitsleute an, die auf dem Gelände rumliefen. Er forderte mich auf stehenzubleiben und das Ticket zu kaufen. Ich zeigte ihm mein Ticket, um zu beweisen, dass ich bereits eins hatte.
„Das ist nur der Eintritt für das Hafengelände“, informierte er mich. „Sie müssen hier noch das Ticket für die Fähre kaufen.“
Ich schaute mir mein „Ticket“ genauer an und tatsächlich, es stand Hafengebühr drauf. Na gut, dachte ich und zahlte die 1,50$ für das Fährticket.
Gegen 17 Uhr verließ die Fähre San Jorge und hielt eine Stunde später im Hafen von Moyogalpa auf der Insel Ometepe.
Die 10 Minuten zu meinem Hostel lief ich zu Fuß. In Ometepe ging es gemächlich zu. Einheimische standen oder saßen in kleineren Gruppen zusammen, unterhielten sich und lachten. Auf den Straßen fuhren hauptsächlich Roller. Danach hieß es nur noch Abendessen und schlafen. Nach diesem ereignisreichen Tag war ich so platt, wie lange nicht mehr.
Hier findet ihr offizielle Informationen und Abfahrtzeiten zur Fähre.
About The Author
Carina
Wenn ich reise fühle ich mich so richtig lebendig. Neue Abenteuer bestreiten, Länder, Kulturen und Menschen kennenlernen. Es gibt fast nichts besseres auf der Welt. Mit meinem Blog möchte ich Interessierte an meinen Reisen teilhaben lassen und anderen Reisenden Tipps geben.