Ruta de las Flores in El Salvador – In luftigen Höhen

07.01.2024 (Teil 1)

Bei meiner Recherche zur Ruta de las Flores auf verschiedenen Blogs und Websites ging es hauptsächlich um das Streetfood, welches man in den einzelnen Dörfern entlang der Strecke probieren kann. Daher war ich zunächst nicht besonders begeistert von der Idee, die Ruta de las Flores zu befahren. Da wir jedoch noch einen Tag Zeit hatten und erst am Abend in unserem Hotel am Flughafen sein mussten, beschlossen wir, der Ruta eine Chance zu geben und machten uns auf den Weg.

Noch bevor die Sonne den Horizont berührte, waren meine Reisebegleitung und ich wach. Wir wollten den Sonnenaufgang vom Mirador de La Cruz aus beobachten, den wir am Vorabend nicht mehr erreicht hatten. Von unserem Hotel aus war es nicht weit, und so wollten wir noch einmal unsere Füße bemühen, bevor wir den restlichen Tag im Auto verbringen würden. Nachdem wir von der Hauptstraße auf eine Treppe abgebogen waren, wo gerade zwei Straßenhunde für weiteren Nachwuchs sorgten, ging es steil nach oben.

Das Knirschen der Steine unter den Füßen, die frische Luft und das satte Grün, das den Weg säumt. Es ist mehr als nur ein Spaziergang; es ist eine Reise durch die Schönheit El Salvadors.

Laut GPS sollten wir nach der Treppe rechts abbiegen, doch der Weg sah eher aus, als würde er durch eine nicht öffentliche Bananenplantage führen. Obwohl wir uns bisher sehr sicher gefühlt hatten und nichts passiert war, wollten wir unser Glück nicht herausfordern, indem wir einen Bauern bei seiner Morgentoilette überraschten und er uns kurzerhand mit Waffengewalt vertreiben würde. Wir gingen den Weg, den wir gekommen waren, noch einmal weiter, doch das half nicht. Das GPS zeigte weiterhin unermüdlich in die Bananenplantage hinein.

Also hofften wir, dass niemand verärgert sein oder uns seinen Hund auf den Hals hetzen würde. Auf dem Weg begegneten uns nur ein paar Hühner, die mit ihren Küken in der Erde scharrten und nach Essbarem suchten. Nach kurzer Zeit erreichten wir den Aussichtspunkt mit dem Gipfelkreuz. Die Sonne begrüßte uns schläfrig über den Rand des Horizonts zu unserer rechten Seite und weckte die umliegenden Berge und das Dorf unter uns mit ihren Strahlen. Außer uns war noch ein Einheimischer vor Ort, mit dem wir nach kurzer Zeit ins Gespräch kamen. Wie unser Hostelbesitzer lobte auch er den neuen Präsidenten und seine Politik. Vor drei Jahren, versicherte er, hätte man noch nicht hier hochkommen können. Maras hatten den Weg kontrolliert und die vorbeikommenden Menschen ausgeraubt. Konnte man ihnen nichts geben, wäre man von ihnen verschleppt, misshandelt, gequält und vielleicht sogar ermordet worden. Jetzt sei alles sehr viel friedlicher und sicherer.

Der Sonnenaufgang kam von der Plattform ausgehend von der rechten Seite. Zwar hatten wir damit keinen direkten Blick auf die Sonne, doch wir konnten erleben, wie die Sonne Zentimeter um Zentimeter Ataco erhellte. Hähne begrüßten krähend den Morgen, Vögel zwitscherten lauthals der Sonne entgegen. Auch der Rest des Dorfes schien nun langsam wach zu werden. Mit einem fröhlichen Lächeln im Gesicht verließen wir den Aussichtsplatz, der mittlerweile ganz alleine uns gehörte, und gingen zurück zu unserem Hotel. Hier würden wir noch frühstücken und dann die Ruta de Flores entlangfahren. Mal schauen, welche Abenteuer uns auf dem Weg erwarten würden.

Auf Google Maps überprüften wir die Route, die wir fahren wollten, nach möglichen Aussichtsplattformen oder Wandermöglichkeiten und entdeckten dabei das „Laberinto de Apaneca“. Die Bilder eines großen Labyrinths aus dichten Hecken sahen interessant aus und so war der erste Halt für uns klar.
Der leere Parkplatz zeigte uns, dass wir einer der ersten Abenteurer sein würden im Labyrinth und so hatten wir keine Schlange zu befürchten an der Kasse. Auch nachdem wir den Eintritt gezahlt hatten (5$/Person), sah es für uns so aus, als gäbe es hier nur das Labyrinth. Doch als wir drinnen waren, gab es noch viel mehr zu entdecken. Direkt hinter dem Eingang gab es eine Riesenschaukel von 20 Metern, über das ganze Areal erstreckte sich eine Zipline (Cannopy) über mehrere Ebenen und vieles mehr.

Natürlich mussten alle „Extrem-Spiele“, wie sie genannt wurden, nochmal extra entlohnt werden. Man konnte jedoch seinen Eintritt für das Labyrinth eintauschen, um eines der herausfordernderen Abenteuer zu erleben. Und dafür entschieden wir uns. Wir erwarben jeweils ein Ticket für die Riesenschaukel und die Zipline. Als wir uns zur Riesenschaukel begaben, um diese als Erstes zu erleben, kamen mehrere Salvadorianer*innen in den Park und verharrten gespannt, um zu beobachten, ob wir uns in die Tiefe wagen würden. Die Frau, die vor uns dran war, wagte sich nicht und kletterte mit vor Scham und Angst hochrotem Gesicht wieder von der Plattform runter.

Andriy bestieg als Erster die Plattform für die Riesenschaukel. Ohne Zögern ließ er sich sichern, trat auf die Falltür und schon sauste er in die Tiefe. Sein Schrei zerriss die noch morgendliche Stille im Park und alle Augen waren auf ihn gerichtet. Nachdem er lächelnd und gut gelaunt wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte, war ich an der Reihe. Mein Herz schlug bereits bei dem bloßen Gedanken daran, mich in die Tiefe zu werfen. Warum hatte ich das gewollt? Welcher vernünftige Mensch will so etwas? Der kühle Stahl der Treppe kühlte meine überhitzten Hände. Der Sicherheitsmann auf der Plattform empfing mich mit einem Lächeln, erläuterte den Ablauf und sicherte mich ab. Mein Blut rauschte in den Ohren. Ich konnte mich auf keines seiner Worte konzentrieren. Der Blick nach unten war abgrundtief und verlief über mehrere hohe Bäume zum Heckenlabyrinth mit seinen stacheligen Hecken. Die Sicherheitskraft führte mich zur Falltür und in diesem Moment war ich wieder soweit bei mir, dass ich um eine Verschnaufpause bat. Für einen kurzen Moment war alles still, mein Blick fixierte die Tiefe unter mir und bereits jetzt zog es mir den Magen zusammen. „Alles klar?“, erkundigte sich die Sicherheitskraft und ich nickte. „Möchtest du wieder runter?“ Einen Moment zögerte ich, doch mein Ego überwog meine Angst. Ich hatte schon gefährlichere Situationen gemeistert: Ich war aus einem fliegenden Flugzeug gesprungen, hatte einen Beinahe-Zusammenstoß mit einer Klapperschlange überlebt und mit Bullenhaien geschwommen. 20 Meter sollten mir keine Angst einjagen. Entschlossen schüttelte ich den Kopf, nahm Position ein und signalisierte, dass ich bereit sei. Er richtete meine Hände am Halteseil aus und positionierte sich dann hinter mir. Das flaue Gefühl im Bauch kehrte zurück, doch bevor ich meinen Entschluss bereuen konnte, öffnete sich die Falltür und ich fiel mit einem lauten Schrei in die Tiefe. Gerade als ich dachte, ich würde aufgespießt auf dem Bäumen enden, spannte sich das Seil und ich flog über die Wipfel in den Himmel und dann zurück zu meinem Ausgangspunkt. Nach einigen Schwingungen, landete ich wieder auf dem Boden. Das Adrenalin pulsierte in meinen Adern und alles wirkte so viel lebendiger und intensiver. Dieses „Nachher“-Gefühl ist wirklich tausendmal besser als das „Vorher“-Gefühl. Doch das eine gibt es nicht ohne das andere – zwei Seiten derselben Medaille.

Nach diesem überwältigenden Gefühl wollten wir direkt weitermachen und steuerten die Station für das Zipline an, wo wir jeweils einen Helm, Handschuhe und einen Sicherheitsgurt erhielten.

Mit drei weiteren Abenteurern wurden wir der Reihe nach an das Sicherungsseil angeschlossen und die Rutschpartie begann, wobei die Entfernungen immer größer wurden. Zipline ist für mich immer wieder ein riesiges Vergnügen und auch hier war es fantastisch. Ich kann es jedem wärmstens empfehlen, der die Ruta de Flores erkundet.

Von oben hatten wir einen prächtigen Blick hinunter auf das Labyrinth und waren erleichtert, kein Ticket dafür mehr zu haben. Es sah von oben beeindruckend aus, aber wir zweifelten, dass es den Preis wert wäre. Vor allem schien es, als ob man nicht wirklich im Labyrinth wandern könnte, sondern lediglich direkt zur Mitte auf die Aussichtsplattform geführt würde.

Um uns vom ganzen Adrenalin zu erholen und wieder klar im Kopf zu werden, besichtigten wir nach der letzten Seilrutsche den Stadtkern von Apaneca. Da Apaneca überschaubar ist, setzten wir unseren Weg nach einem kurzen Rundgang nach Juayua fort.

Wie es auf der Ruta de Flores weiterging, berichte ich im zweiten Teil.

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