Sandboarding auf dem Cerro Negro (León)

Am 13.01. verabschiedeten wir uns schweren Herzens von der zauberhaften Stadt Granada und stiegen in ein Shuttle, das wir über unser Hostel gebucht hatten, um nach León zu fahren. Die Beziehung zwischen León und Granada ist ungefähr so wie die zwischen Frankfurt und Offenbach oder Köln und Düsseldorf – nur dass man bei León und Granada wirklich nicht sagen kann, welche Stadt besser ist. Beide haben ihre eigenen Reize – im Gegensatz zu Offenbach.

Diese Rivalität hat tiefe historische Wurzeln, die bis in die Kolonialzeit zurückreichen, als sie noch aus politischen Gründen bestand. León war die Hochburg der Liberalen, während Granada das Zentrum der Konservativen war. Diese politische Spaltung führte zu zahlreichen Konflikten und Auseinandersetzungen im Laufe der Jahrhunderte. Heutzutage hat die Rivalität mehr touristische Gründe. Beide Städte wetteifern darum, die attraktivere Destination für Reisende zu sein, allerdings in einem freundschaftlicheren Ton als früher.

In León erwartete uns eine Woche voller Vulkanbesteigungen. Wir wollten es wirklich wissen und unseren Körper bis zum Maximum ausreizen – jeden Tag stand eine andere Tour auf dem Plan, manchmal sogar zwei. Doch erstmal fingen wir sanft an – mit einer Kombi-Tour, die aus Sandboarding auf dem Cerro Negro und der Besteigung des Telica-Vulkans zum Sonnenuntergang bestand.

Wenn der Vulkan dich nicht umhaut, tut es der Wind

Sandboarding auf dem Cerro Negro gehört zu den Must-Dos in León… oder? Jedenfalls wird das in jedem Blog und jedem Reiseführer als das ultimative Abenteuer angepriesen. Aber ob das wirklich sein muss, wollten wir selbst herausfinden. Doch fangen wir am Anfang an. Um 8 Uhr war Treffpunkt bei der Tourcompany, wo wir noch bis etwa 8:30 Uhr warteten, bis wir in einem alten amerikanischen Schulbus mit 20 weiteren Touristen losfuhren. Schon während der etwa einstündigen Fahrt gab es eine Männerrunde, die sich ein Bier nach dem anderen gönnte und am Ende hatte jeder vier Bier intus. Auch einige der Guides hatten bereits das ein oder andere Bierchen genossen. Also eher eine Party-Tour?

Am Fuße des Cerro Negro bekamen dann alle ihr Sandboard ausgehändigt, das etwa 10 kg wiegt – was ungefähr so viel ist wie ein mittelgroßer Hund. Der Wind peitschte uns um die Ohren und machte das Hochtragen des Boards zu einer echten Herausforderung. Dadurch wird das Hochtragen nochmal schwerer und gefährlicher, weshalb man sein Board auch für 5$ abgeben und von einem Mitarbeiter hochtragen lassen kann. Zum Glück hatte ich meinen eigenen „Sherpa“ dabei – der mein Board freundlicherweise für ein Lächeln und das Versprechen auf eine Massage für mich nach oben trug.

So brauchten wir etwa 50 Minuten, um nach oben zu gelangen. Hätte ich das Board selbst tragen müssen, hätten wir viel mehr Pausen einlegen müssen und sicherlich über eine Stunde gebraucht. Der Weg ist steinig und steil, und der Wind tat sein Bestes, uns aus dem Gleichgewicht zu bringen. Ein gutes Paar Wanderschuhe ist unabdingbar, wenn man nicht auf halber Strecke aufgeben möchte. Einige unserer Mitstreiter*innen rutschten auf dem losen Geröll aus und holten sich blutige Blessuren – eine schmerzhafte Erinnerung daran, dass der Cerro Negro kein Spaziergang ist.

Oben angekommen, wurden wir in gelbe Overalls aus dickem Stoff gesteckt, die uns vor dem allgegenwärtigen, feinen schwarzen Sand aus Lavagestein schützen sollten. Trendsetter würden wir damit nicht werden, aber sie waren notwendig, um uns vor Abschürfungen und dem unbarmherzigen Sand zu bewahren, der sich in jede Ritze bohrte.

Was ohne diese Schutzanzüge passieren konnte, hatten wir vor ein paar Tagen bei einem anderen Touristen gesehen. Der arme Kerl hatte sich übelste Verbrennungen an seinem ganzen Bein eingefangen, nachdem er bei voller Fahrt vom Board gefallen war. Seine Haut sah aus, als hätte sie einen besonders schlechten Tag in der Hölle verbracht.

In verschiedenen Schlangen standen wir dann erstmal eine gefühlte Ewigkeit am Rande des Abgrunds und schauten dabei zu, wie ein Tourist nach dem anderen nach unten rutschte. Die Sonne brannte auf uns herab, während der Wind uns ungeduldig um die Ohren pfiff. Mit jedem Touristen, den ich langsam hinunterrutschen sah, wurde die Aufregung etwas weniger. Schnell war man mit den Boards nicht gerade – es war eher ein gemächliches Gleiten, als würde man auf einem riesigen, schwarzen Sandkasten spielen.

Als ich endlich an der Reihe war, versuchte ich alles, um so viel Geschwindigkeit wie nur möglich zu erreichen. Ich stellte mir vor, wie ich elegant und blitzschnell den Hang hinunterraste, doch die Realität sah anders aus. Mein Board bohrte sich unentwegt in den schwarzen Sand ein und blieb immer wieder stecken – als hätte der Cerro Negro beschlossen, meine Hoffnungen auf einen Geschwindigkeitsrausch zunichte zu machen. So dauerte die Fahrt nach unten zwar etwas länger, doch Freude oder Adrenalin ließen auf sich warten. Stattdessen fühlte ich mich wie ein unbeholfener Seelöwe, der verzweifelt versucht, über eine Sanddüne zurück ins Meer zu watscheln.

Ich war sehr enttäuscht von dieser Attraktion, die doch ein Must-Do von León sein sollte. War das schon alles? Hier war ich, auf einem aktiven Vulkan, in einem gelben Overall, der aussah, als wäre er für eine Mondmission gedacht, und alles, was ich fühlte, war eine leichte Enttäuschung. Die anderen Touristen (vor allem Deutsche) schienen ähnliche Gefühle zu haben – einige lachten nervös, andere schüttelten den Kopf – dies nicht das aufregende Abenteuer war, das wir uns erhofft hatten.

Jede Rodelfahrt war schneller und aufregender. Vielleicht lag es genau daran – dass wir Schlittenfahren im Schnee kannten. Diejenigen, die das nicht kannten und noch nie etwas Ähnliches gemacht hatten, fanden das Sandboarding super. Für alle, die also gerne Schlittenfahren und das schon häufiger gemacht haben, kann ich das Sandboarding auf dem Cerro Negro nicht empfehlen.

Einzig die Wanderung und der sagenhafte Ausblick vom Cerro Negro haben sich für mich bei dieser Tour gelohnt. Der Blick von oben war atemberaubend. Um den Cerro Negro sieht man eine schwarze Mondlandschaft aus erkalteter Lava. Darüber hinaus erstreckte sich ein grünes Meer aus üppiger Vegetation, das in starkem Kontrast zur schwarzen Vulkanlandschaft stand. Auch die Gipfel anderer Vulkane sind in der Ferne zu sehen und schienen uns zuzuflüstern: „Keine Sorge. Bei uns wird es besser.“ Denn wir würden alle Vulkane besteigen, die wir von hier oben sahen. Und ich freute mich jetzt schon darauf. Die Strapazen des Aufstiegs waren bei dem Anblick auf jeden Fall so gut wie vergessen.

Das Sandboarding war für mich eher die Nebenaktion – der einfachere und unaufgeregtere Weg nach unten. Doch trotz der Enttäuschung über das Sandboarding selbst, war die Erfahrung insgesamt nicht umsonst. Die Wanderung zum Gipfel des Cerro Negro und der unglaubliche Ausblick machten die Tour zu einem tollen Erlebnis. Manchmal sind es nicht die Hauptattraktionen, die eine Reise besonders machen, sondern die kleinen Momente dazwischen – die Gespräche, das Lachen und die unerwarteten Herausforderungen.

Wie es am Abend mit der Telica-Besteigung lief, erfahrt ihr in meinem nächsten Blogbeitrag. Also vergesst nicht, euch bei meiner Flaschenpost anzumelden, damit ihr keinen weiteren Artikel verpasst. Denn wer möchte schon das nächste Abenteuer verpassen, wenn es direkt in eurem Posteingang landen kann?

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